Montag, 29. September 2008
Letzter Teil Bilderflut
Samstag, 27. September 2008
A Day in Madison
Gestern habe ich ungebührlicherweise ein Seminar geschwänzt (liebe Kinder: nicht nachmachen!!) und auch nicht gearbeitet, denn ich hatte die Möglichkeit, nach Madison zu fahren (danke, Professor Ruppel!). Für alle, die es nicht wissen: Madison, etwa zwei Stunden südlich von Stevens Point gelegen, ist die Hauptstadt von Wisconsin, nach Milwaukee die zweitgrößte Stadt (ca. 200.000 Einwohner), sowie Sitz der größten und bekanntesten Uni im UW-System.
UWM campus
Es war ein schöner, sonniger Spätsommertag, und so ging ich als allererstes – in die dunkle Unibibliothek. Der Grund dafür war ein gewichtiger: Wer im Sommer mit mir zu tun hatte, weiß, dass ich eine recht umfangreiche Hauptseminararbeit über John Foxes Actes and Monuments (besser bekannt als Book of Martyrs) geschrieben habe. Dieses Werk, erschienen zwischen 1563 und 1583, war höchst einflussreich auf die zeitgenössische Literatur und prägt die angloamerikanische Kultur noch bis heute – äußerst faszinierend! Da es nicht mehr sehr viele Originalexemplare gibt, musste ich während meiner Recherche auf Ausdrucke aus dem Internet zurückgreifen (s.u.).
Nun hatte ich aber Wind davon bekommen, dass es in Madison tatsächlich ein Exemplar von 1576 gab, und – lange Rede, kurzer Sinn – das wollte ich mir anschauen. Da ich ja an der University of Wisconsin studiere, konnte ich ganz einfach in die special-collections-Abteilung marschieren und mir das Buch bringen lassen. Ihr glaubt nicht, wie ich mich gefühlt habe, als ich diesen uralten Schinken in den Händen hielt!!! Ich bin den ganzen Tag nicht mehr aus dem Strahlen herausgekommen :-). Tatsächlich die Seiten zu berühren und die tollen Holzschnitte zu betrachten (sie wirken wirklich fast dreidimensional!!) ist etwas ganz anderes, als mit den Ausdrucken zu arbeiten. Die freundlichen Bibliothekare haben mir sogar noch eine dreibändige Ausgabe aus dem 17. Jh. gebracht, die ich aber nicht so schön fand…
Uni-Campus
Museum of Modern Art
State Street mit Capitol
Ich habe mir das Buch sehr lange angeschaut und musste mich dann irgendwann richtig davon losreißen, um noch mehr von Madison zu sehen. Es gibt enorm viele tolle Sachen in der Stadt, sodass ich leider nur einen Bruchteil anschauen konnte – ich muss wohl noch mal wiederkommen!. Nach einem kurzen Spaziergang über den Uni-Campus bin ich die State Street entlanggelaufen (der Seltersweg bzw. die Königsstraße Madisons, nur schöner ;-)). Diese Fußgängerzone verbindet das Unigelände mit dem Capitol, dem Regierungssitz des Staates Wisconsin. Es gibt unzählige hübsche kleine Läden, Cafés und Buchhandlungen. Im University Bookstore habe ich mich dann erstmal mit UW-Devotionalien und einem Vorrat an Tintenpatronen eingedeckt (die sind hier nämlich sehr teuer und selten). Es gab so viele tolle Läden, dass ich längst nicht in alle gehen konnte.
Capitol
Rotunde
Im Capitol habe ich zum Schluss noch eine kostenlose Führung mitgemacht, was auch sehr eindruckvoll war. Das Gebäude, erbaut zu Beginn des 20. Jh., ist größer als das Capitol in Washington, D.C. und beherbergt alle drei Politikzweige Wisconsins: Legislative, Exekutive und Judikative. Ich war also im Gerichtssaal, im Büro des Gouverneurs, der Assembly und dem Senate. Zum Schluss genoss ich noch den Blick von der Aussichtsterasse auf die beiden Seen Madisons.
Governor's office
Senate
Assembly
Nach einer kleinen Einkaufstour (Bioladen und deutsche Bäckerei :-)) war ich dann noch mit Professor Ruppel und einer weiteren Germanistik-Dozentin aus Stevens Point in einem tollen Fischrestaurant essen. Dieses Essen war sozusagen das i-Tüpfelchen auf einem rundum gelungenen (und dazu noch für mich völlig kostenlosen!) Tag in Madison.
Donnerstag, 25. September 2008
Faszination Football
Das (einzige) eigentliche Highlight Green Bays (GB natives, plz don’t be offended ;-)) ist Lambeau Field, das Stadion der Green Bay Packers. Auf vielfachen Wunsch zweier Herren begaben wir uns auf eine Besichtigungstour. Diese führte uns unter anderem in eine der VIP-Logen, die man für teures Geld mieten kann (wenn ich mich richtig erinnere, sollte eine Lounge für 20 Personen ca. 130.000 $ im Jahr kosten; man muss für mindestens 4 Jahre mieten und darf kein eigenes Essen mitbringen :-)). Die Aussicht von dort oben ist aber schon genial!
Schließlich kamen wir auch nach unten, ganz dicht ans Feld (ich habe sogar heimlich den „heiligen“ Rasen berührt :-)), wo wir als Gruppe noch die Akustik testeten. Das Stadion fasst an die 80.000 Zuschauer, von denen der Großteil auf einfachen Metallbänken sitzt – die Stimmung beim Spiel muss enorm sein. Lambeau Field ist seit 60 Jahren ununterbrochen ausverkauft, und die Wartelisten auf Dauerkarten sind so lang, dass man seinen Platz darauf sogar vererben kann!!
Ich hatte den Eindruck, dass der Football-Kult in den USA noch extremer ist als der Fußballwahnsinn in Deutschland. Nun ja, ich muss gestehen, dass ich mir jetzt auch ein Packers-T-Shirt zugelegt habe; das ziehe ich an, wenn wieder Sonntag abend und das ganze Wohnheim im Football-Fieber ist…
Samstag, 13. September 2008
Dienstag, 9. September 2008
My Schedule
Gestern hat meine zweite Vorlesungswoche an der UWSP angefangen. Ich habe nur vier Veranstaltungen gewählt, was aber sicherlich genug sein wird, wenn man den hohen Arbeitsaufwand an amerikanischen Unis in Betracht zieht. So sieht mein Stundenplan aus:
English 385 (Major Authors: Thackeray)
English 334 (Shakespeare: Tragedies and Later Plays) Mondays, Wednesdays and Fridays
Political Science 391 (American Political Thought) Mondays, Tuesdays and Thursdays
English 327 (Victorian Literature in Transition) Tuesdays and Thursdays
Kurse wie diese auf 300er-Level sind für fortgeschrittene Undergraduates (Bachelor-Studenten) gedacht. Die meisten meiner Kommilitonen sind in ihrem vierten, d.h. letzten Studienjahr (sogenannte „Seniors“). Vom Niveau her sind die drei Anglistik-Kurse ähnlich wie in Deutschland, der Politikkurs liegt wesentlich niedriger; doch dazu später mehr. Allerdings ist das Lesepensum viel höher als in deutschen Unis. Ein kleiner Vergleichswert: In einem Shakespeare-Seminar, das ich in Passau belegt habe, haben wir 4 Stücke gelesen – und das war schon viel. Hier, in English 334, lesen wir 8 (!!), darunter so komplexe Stücke wie Hamlet und Othello. Es dürfte jedoch klar sein, dass man in so kurzer Zeit nicht alle Aspekte dieser hochkomplizierten Meisterwerke erfassen dürfte.
In English 385 und 327 geht es um viktorianische Literatur (19. Jh., für alle Nicht-Anglisten ;-)). Der Kurs zu dem britischen Schriftsteller William Makepeace Thackeray macht mir bis jetzt am meisten Spaß, da wir auch den kulturellen und historischen Hintergrund zu seinen Romanen besprechen. English 327 dagegen dreht sich um den Spätviktorianismus (1890er Jahre). Ich denke, ich kann jetzt schon sagen, dass ich kein großer Fan dieser Epoche werden werde. Nach Oscar Wildes Essay „The Decay of Lying“ (lest das mal, das ist wirklich der größte Schwachsinn, der mir in letzter Zeit untergekommen ist!!!) habe ich schon genug vom Ästhetizismus; aber zum Glück gehen wir irgendwann zu Stevenson und Stoker über...
Seminargebäude "CCC" bei Tag...
Sehr angenehm ist die Kursgröße: jeweils ca. 15-20 Leute. Die (im Übrigen sehr freundlichen und hilfsbereiten) Dozenten bemühen sich, dass sich möglichst jeder beteiligt. Dies und die Tatsache, dass wir durchgängig kleine Tests und Hausaufgaben zu schreiben haben, erinnert mich an meine Schulzeit (Lio rocks :-)!!). Alles in allem machen mir die Seminare Spaß, und ich freue mich, dass ich jetzt (gezwungenermaßen) so viele berühmte Werke lesen kann. (Die Zeit reicht aber übrigens auch noch für Freizeitlektüre; momentan „The French Lieutenant’s Woman“ von John Fowles, das ich schon lange mal lesen wollte.)
Ein kleiner Wermutstropfen ist der Politikkurs, „American Political Thought“, in dem ca. 100 Leute sitzen. Was die Kursbeschreibung (eine Reise durch die Geschichte des amerikanischen politischen Gedankenguts) und das zugehörige Buch versprach, scheint der Professor leider nicht zu halten. Er verliert sich in Anekdoten über seine Großmutter, nicht witzige Witze über republikanische Politiker und alle möglichen Versuche, sich bei den Studenten beliebt zu machen (was ihm auch gelingt). Daneben erzählt er haarsträubende Sachen wie: „In 1636, when Elizabeth I was Queen…“, „Cromwell’s New Model Army tyrannized the country for about thirty to forty years, and then William of Orange was restored to the throne“ oder “Saint Paul said: ‘Render unto Caesar what is Caesar’s’” (und das war nur heute!!!). Mich regt das ziemlich auf, denn die Allermeisten werden ihm als Professor den Mist glauben, den er erzählt. Ich finde, wer sich in Geschichte und Theologie nicht auskennt, sollte lieber nicht so tun, als ob er Experte darin wäre! Im Großen und Ganzen bin ich aber mit dem akademischen Angebot zufrieden und freue mich, dass ich soviel Neues lernen kann.