Mittwoch, 3. Dezember 2008
Lebenszeichen
Furcht vor...
...einer ganz und gar unbesinnlichen Weihnachtszeit
...keiner Verlängerung meines Visums
...gefühlten 500 Seiten aufzuholendem Lesepensum
...2 Klausuren, einem kurzen und 3 langen Papers, einem Projekt und einem Oral Report in den nächsten 2 1/2 Wochen (!!)
...Grippe
...zu viel Lärm im Wohnheim
...einer zu kurzen Winterpause
Dankbarkeit für...
...Freunde (die Wessel Walkers), bei denen ich Thanksgiving verbringen und einfach mal Mensch sein und ausspannen durfte
...einen Chef, der seinen wohlverdienten Feierabend verschiebt, um mein Paper korrekturzulesen
...eine Mitbewohnerin, die meine fast komplette Untervermietung organisiert hat
...Wisconsiner Gelassenheit beim Fahren auf schneeverwehten Autobahnen
...freundliches Zugpersonal am stressigsten Reisetag des Jahres
...Menschen, die schon meinen Namen kennen, ohne mich jemals vorher gesehen zu haben
...glücklichen "White Trash"
...unintellektuelle Konversationen und flache Witze
...verschneite Natur
...Freunde
...Familie (ob tatsächlich verwandt oder nicht)
...noch ein studiengebührenfreies Semester in den USA (für alle, die es noch nicht wussten :-))
...einen Gott, der Berge versetzen kann
...und so viel mehr. Wir vergessen viel zu schnell. Also Schluss mit dem Gejammer, Heike ;-)!
-> Wer zu einzelnen Punkten mehr wissen möchte, darf mich gerne fragen!! Und nein, es gibt diesen Blog NICHT in Englisch (sorry).
Freitag, 7. November 2008
Es ist vollbracht!
Zuerst mal war es ein ganz gewöhnlicher Dienstag mitten im Semester. Dann allerdings sah man immer mehr Leute mit Stickern an der Kleidung "I voted today". Die Verfasserin hat auch so einen Sticker abgegriffen und wurde fortan nicht mehr belästigt ("Did you vote already????"). (Beinahe hätte ICH ja Obama den Sieg versaut!! Seht selbst: http://www.cnnbcvideo.com/index.html?nid=vwlPlEpkbZYX6.Y36mUs5Dc2NTI3NDA-&referred_by=12937026-r84L0Px - danke an Debby für das Video!! NACHTRAG: Den Link müsst ihr möglicherweise manuell in die Adressleiste kopieren!). Ich habe sogar gehört wie jemand sagte: "If you ask me another time, I will vote for John McCain!" ("Wenn du mich noch einmal fragst, ob ich schon gewählt habe, werde ich für John McCain stimmen!").
Abends konnte man dann die Stimmung mit Händen greifen. Immer mehr Leute versammelten sich vor den Fernsehern, und die Straßen waren nahezu ausgestorben. Ich war bei Bekannten zu einer guten "deutschen" Wahlparty eingeladen (danke, Mark!) - wir haben uns versammelt, gegessen, getrunken, und vor allem auf den Fernseher geachtet.
Gemeinsam sahen wir uns dann noch McCains Rede an, in der er seine Niederlage eingestand und Obama zum Sieg gratulierte - sehr achtbar! Um 23 Uhr trat dann Obama selbst vor die Fernsehkameras und seine schätzungsweise 250.000 Fans, die in einem Park in Chicago auf ihn gewartet hatten. Die Rede war sehr amerikanisch - pathetisch, voller Stereotype, und dennoch ehrlich und bewegend. Am Ende konnten dann alle froh nach Hause gehen...
Und jetzt? Die Wiederbelebung des "American Dream"? Change? Yes we can? Wir werden sehen. Ich jedenfalls wünsche diesem großartigen Land den Geist des Aufbruchs! Trotzdem haben sich die Aktienmärkte noch lange nicht erholt - es liegt enorm viel Arbeit vor dem neuen Präsidenten. Der Benzinpreis ist übrigens um knappe 2 Dollar auf $2,18 pro Gallone gefallen - umgerechnet unglaubliche €0,45 pro Liter!!! Eigentlich müsste ich ein Beweisfoto machen, das glaubt mir ja sonst keiner ;-)!
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Ansonsten ist eigentlich alles wie immer. Die letzte Uniwoche war die stressigste bis jetzt - ich hatte zwei Präsentationen an einem Tag und musste dazu noch 2 Papers abgeben. Bis jetzt haben sich die Anstregungen gelohnt - ich habe ausschließlich "A"s bekommen :-)... Trotzdem ist mir sehr nach Ferien zumute, und Thanksgiving ist immer noch drei Wochen weg (ächz!). Gestern hat es übrigens ein wenig geschneit, nachdem vor einer Woche nochmal zwei wunderschön sonnige Tage mit ca. 25° waren. Ist allerdings nicht liegengeblieben.
Ganz liebe Grüße an euch alle - meldet euch doch mal!
Dienstag, 14. Oktober 2008
Indian Summer - und ach! die Wahl...
Ich habe zugegebenermaßen lange nichts mehr geschrieben - das liegt einfach daran, dass ich im Moment sehr beschäftigt bin. Diese Woche musste ich mehrere Papers abgeben, und auch die sogenannten Mid-Terms (Klausuren) stehen an.
Das große Thema hier ist natürlich die Präsidentschaftswahl am 4. November. Ehrlich gesagt bin ich ein bisschen froh, wenn das Theater dann endlich rum ist. Fast alle Gespräche drehen sich (neben der Wirtschaftslage, die bereitet vielen große Sorgen) momentan darum - Amerikaner sind nicht so unpolitisch, wie man vielleicht denken könnte! Die Zeitungen sind voll davon, und das Fernsehen strahlt jede Woche ein TV-Duell der Kandidaten aus (morgen ist das letzte). Wenn man über den Campus geht, wird man ständig angesprochen, ob man schon als Wähler registriert sei (meine Antwort ist dann leider immer: "Sorry, I'm German!"). Ich muss sagen, die Demokraten sind sehr viel aktiver als die Republikaner, und an der Uni findet man wirklich kaum jemand, der sich offen als Republikaner bekennt. Trotzdem sieht man auch immer mehr Schilder "McCain-Palin" neben den allgegenwärtigen "Obama-Biden"-Schildern. Das Rennen bleibt also spannend!
Montag, 29. September 2008
Letzter Teil Bilderflut
Samstag, 27. September 2008
A Day in Madison
Gestern habe ich ungebührlicherweise ein Seminar geschwänzt (liebe Kinder: nicht nachmachen!!) und auch nicht gearbeitet, denn ich hatte die Möglichkeit, nach Madison zu fahren (danke, Professor Ruppel!). Für alle, die es nicht wissen: Madison, etwa zwei Stunden südlich von Stevens Point gelegen, ist die Hauptstadt von Wisconsin, nach Milwaukee die zweitgrößte Stadt (ca. 200.000 Einwohner), sowie Sitz der größten und bekanntesten Uni im UW-System.
UWM campus
Es war ein schöner, sonniger Spätsommertag, und so ging ich als allererstes – in die dunkle Unibibliothek. Der Grund dafür war ein gewichtiger: Wer im Sommer mit mir zu tun hatte, weiß, dass ich eine recht umfangreiche Hauptseminararbeit über John Foxes Actes and Monuments (besser bekannt als Book of Martyrs) geschrieben habe. Dieses Werk, erschienen zwischen 1563 und 1583, war höchst einflussreich auf die zeitgenössische Literatur und prägt die angloamerikanische Kultur noch bis heute – äußerst faszinierend! Da es nicht mehr sehr viele Originalexemplare gibt, musste ich während meiner Recherche auf Ausdrucke aus dem Internet zurückgreifen (s.u.).
Nun hatte ich aber Wind davon bekommen, dass es in Madison tatsächlich ein Exemplar von 1576 gab, und – lange Rede, kurzer Sinn – das wollte ich mir anschauen. Da ich ja an der University of Wisconsin studiere, konnte ich ganz einfach in die special-collections-Abteilung marschieren und mir das Buch bringen lassen. Ihr glaubt nicht, wie ich mich gefühlt habe, als ich diesen uralten Schinken in den Händen hielt!!! Ich bin den ganzen Tag nicht mehr aus dem Strahlen herausgekommen :-). Tatsächlich die Seiten zu berühren und die tollen Holzschnitte zu betrachten (sie wirken wirklich fast dreidimensional!!) ist etwas ganz anderes, als mit den Ausdrucken zu arbeiten. Die freundlichen Bibliothekare haben mir sogar noch eine dreibändige Ausgabe aus dem 17. Jh. gebracht, die ich aber nicht so schön fand…
Uni-Campus
Museum of Modern Art
State Street mit Capitol
Ich habe mir das Buch sehr lange angeschaut und musste mich dann irgendwann richtig davon losreißen, um noch mehr von Madison zu sehen. Es gibt enorm viele tolle Sachen in der Stadt, sodass ich leider nur einen Bruchteil anschauen konnte – ich muss wohl noch mal wiederkommen!. Nach einem kurzen Spaziergang über den Uni-Campus bin ich die State Street entlanggelaufen (der Seltersweg bzw. die Königsstraße Madisons, nur schöner ;-)). Diese Fußgängerzone verbindet das Unigelände mit dem Capitol, dem Regierungssitz des Staates Wisconsin. Es gibt unzählige hübsche kleine Läden, Cafés und Buchhandlungen. Im University Bookstore habe ich mich dann erstmal mit UW-Devotionalien und einem Vorrat an Tintenpatronen eingedeckt (die sind hier nämlich sehr teuer und selten). Es gab so viele tolle Läden, dass ich längst nicht in alle gehen konnte.
Capitol
Rotunde
Im Capitol habe ich zum Schluss noch eine kostenlose Führung mitgemacht, was auch sehr eindruckvoll war. Das Gebäude, erbaut zu Beginn des 20. Jh., ist größer als das Capitol in Washington, D.C. und beherbergt alle drei Politikzweige Wisconsins: Legislative, Exekutive und Judikative. Ich war also im Gerichtssaal, im Büro des Gouverneurs, der Assembly und dem Senate. Zum Schluss genoss ich noch den Blick von der Aussichtsterasse auf die beiden Seen Madisons.
Governor's office
Senate
Assembly
Nach einer kleinen Einkaufstour (Bioladen und deutsche Bäckerei :-)) war ich dann noch mit Professor Ruppel und einer weiteren Germanistik-Dozentin aus Stevens Point in einem tollen Fischrestaurant essen. Dieses Essen war sozusagen das i-Tüpfelchen auf einem rundum gelungenen (und dazu noch für mich völlig kostenlosen!) Tag in Madison.
Donnerstag, 25. September 2008
Faszination Football
Das (einzige) eigentliche Highlight Green Bays (GB natives, plz don’t be offended ;-)) ist Lambeau Field, das Stadion der Green Bay Packers. Auf vielfachen Wunsch zweier Herren begaben wir uns auf eine Besichtigungstour. Diese führte uns unter anderem in eine der VIP-Logen, die man für teures Geld mieten kann (wenn ich mich richtig erinnere, sollte eine Lounge für 20 Personen ca. 130.000 $ im Jahr kosten; man muss für mindestens 4 Jahre mieten und darf kein eigenes Essen mitbringen :-)). Die Aussicht von dort oben ist aber schon genial!
Schließlich kamen wir auch nach unten, ganz dicht ans Feld (ich habe sogar heimlich den „heiligen“ Rasen berührt :-)), wo wir als Gruppe noch die Akustik testeten. Das Stadion fasst an die 80.000 Zuschauer, von denen der Großteil auf einfachen Metallbänken sitzt – die Stimmung beim Spiel muss enorm sein. Lambeau Field ist seit 60 Jahren ununterbrochen ausverkauft, und die Wartelisten auf Dauerkarten sind so lang, dass man seinen Platz darauf sogar vererben kann!!
Ich hatte den Eindruck, dass der Football-Kult in den USA noch extremer ist als der Fußballwahnsinn in Deutschland. Nun ja, ich muss gestehen, dass ich mir jetzt auch ein Packers-T-Shirt zugelegt habe; das ziehe ich an, wenn wieder Sonntag abend und das ganze Wohnheim im Football-Fieber ist…